Unternehmen sind regelmäßig mit Herausforderungen konfrontiert, die ihr Überleben infrage stellen. Zuletzt waren das unter anderem die COVID-19-Pandemie, die gestiegenen Energiepreise und der Fachkräftemangel. Derlei Störfaktoren gibt es jedoch nicht erst seit der jüngsten Vergangenheit. Ob unvorhersehbare Ereignisse wie der Ukraine-Krieg oder schon lange bekannte Herausforderungen wie der Klimawandel – beide Arten von Unsicherheiten beschäftigen Unternehmen seit Beginn des Wirtschaftslebens.
Um solchen schwierigen Situationen erfolgreich und nachhaltig begegnen zu können, ist es für Unternehmen essentiell, resilient zu sein. Doch was bedeutet Resilienz eigentlich?
Ursprünglich stammt der Begriff Resilienz (vom lateinischen Verb resilire: „zurückspringen, abprallen“ und „sich zusammenziehen, schrumpfen“) nicht aus dem unternehmerischen Kontext, sondern aus der Physik. Hier wird er insbesondere in der Werkstoffkunde genutzt, um Materialien zu beschreiben, die nach einer Verformung wieder ihre ursprüngliche Form annehmen.
In der Psychologie wurde das Wort erstmals in den 1950er Jahren genutzt und definiert seither den Prozess, wie Menschen ihr Verhalten positiv an widrige Situationen anpassen, um mit diesen fertig zu werden und sich von diesen zu erholen. Resilienz wird oft als psychische Widerstandskraft bezeichnet. Da dies suggeriert, dass resiliente Menschen eine Art Schutzschild besitzen, das sie vor schwierigen Situationen beschützt, ist diese Beschreibung irreführend. Auch resiliente Personen empfinden herausfordernde Situationen als belastend. Allerdings sind sie in der Lage, diese besser zu bewältigen und haben so mehr Zeit für die Regeneration und als Resultat vergleichsweise schnell wieder Ressourcen für neue Herausforderungen. Ist die Resilienz bei einer Person nur gering ausgeprägt, dauert die Regeneration länger und regelmäßig auftretende Problemsituationen können zu psychischen Problemen führen.
Resiliente Menschen können herausfordernde Situationen und Krisen schneller als andere Personen überwinden und besser mit emotionalen Belastungen wie Trauer oder Schmerz umgehen. Gleichzeitig erkennen sie ihren Anteil an Krisen und die Handlungsmöglichkeiten, um selbige zu überwinden. Dadurch fühlen sie sich in schwierigen Situationen weniger dem Schicksal ausgeliefert. Das verringert die Anfälligkeit für psychische Krankheiten.
In der Literatur zum Thema Resilienz gibt es verschiedene Modelle für Resilienzfaktoren. Oft ist die Rede von Resilienz-Säulen. Abhängig von der Quelle variiert die Zahl dieser Säulen. In Deutschland ist das Modell der sieben Säulen der Resilienz der Diplompsychologin Ursula Nuber weit verbreitet. Dieses betont sieben spezifische Faktoren, die das individuelle Wohlbefinden und die Fähigkeit zur Bewältigung von Herausforderungen fördern können. Dr. Franziska Wiebel hat das Modell in vier Grundhaltungen und drei Praktiken unterteilt.
Die vier Grundlagen innerhalb der sieben Säulen der Resilienz sind:
Die drei Praktiken innerhalb der sieben Säulen der Resilienz sind:
Während die sieben Säulen psychologische Resilienzfaktoren beschreiben, mit denen Menschen Herausforderungen nachhaltig überwinden können, bezieht sich organisationale Resilienz auf die Widerstandskraft von Unternehmen. Hierbei geht es um die Fähigkeit, externe Krisen oder Umbrüche der wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Gegebenheiten abfedern und sich an die geänderten Rahmenbedingungen anpassen zu können. Im Weiteren beschreibt der Begriff die Toleranz von Unternehmen gegenüber internen Störungen.
Die Bewältigung von Problemen durch resilientes Verhalten geschieht in Betrieben auf verschiedenen Ebenen. Das ist zum einen die Ebene der Individuen in der Organisation, die durch ihr resilientes Verhalten sicherstellen, dass Herausforderungen gemeistert werden. Zum anderen sind es die Teams, die dafür sorgen, dass Unternehmen gegenüber einer dynamischen Umwelt resilient sind. Darüber hinaus gibt es auf organisationaler Ebene Strukturen und Prozesse, die das resiliente Verhalten von Mitarbeitenden und Teams unterstützen können.
Da auf jeder einzelnen der drei Ebenen unterschiedliche Faktoren zur Resilienz beitragen, kann nicht einfach von der Resilienz auf einer Ebene auf die Resilienz auf einer anderen Ebene geschlossen werden. So entspricht die Resilienz eines Teams nicht der Summe der Resilienzen der Individuen im Team. Dennoch interagieren diese Ebenen miteinander und beeinflussen sich gegenseitig. Resilienz im Unternehmen sollte dementsprechend ganzheitlich betrachtet werden.
In der heutigen globalisierten Wirtschaft stehen Unternehmen vor zahlreichen Schwierigkeiten. Hierzu zählen neben dem eingangs erwähnten Fachkräftemangel die Digitalisierung und die Industrie 4.0. Die Entwicklungsgeschwindigkeit dieser Herausforderungen nimmt zu. Unternehmen sehen sich zunehmend unter Druck gesetzt. Ein wachsender Wettbewerb entsteht, begleitet von der Bedrohung etablierter Geschäftsmodelle durch aufkommende Technologien. Entsprechend wichtig ist es für Unternehmen, Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu erlangen und möglichst widerstandsfähig aufgestellt zu sein.
Sind Organisationen resilient, können sie von einem großen Wettbewerbsvorteil profitieren. Die Gründe hierfür sind vielfältig. So erkennen resiliente Firmen Krisen frühzeitig und bewältigen diese leichter. Zudem reagieren sie aktiv auf Herausforderungen, statt passiv darauf zu warten, dass sich Dinge ändern. Als Resultat werden sie von negativen Einflüssen weniger stark getroffen und können sich schneller von diesen erholen. Anhaltende Konsequenzen entstehen so meist nicht. Des Weiteren können sie Chancen vergleichsweise früh erkennen und nutzen. Resilienz im Unternehmen stärkt das Betriebsklima, da Mitarbeiter sich in einer krisenfesten Umgebung wohler fühlen. Das hat wiederum einen positiven Einfluss auf die Motivation der Angestellten. Auch die Innovationsfähigkeit wird durch die Förderung der Resilienz erhöht.
Da Herausforderungen im Unternehmen unter anderem durch resilientes Verhalten auf der Ebene der Individuen und der Teams bewältigt werden, bieten die sieben Säulen der Resilienz wichtige Ansätze zur Resilienzsteigerung in Organisationen. So sind beispielsweise emotionale Ressourcen wie die Säulen “Akzeptanz” und “Optimismus” wichtige Resilienzfaktoren im Arbeitsalltag. Auch emotionale Intelligenz ist ein wichtiger Faktor, insbesondere bei andauerndem Stress. Weitere relevante individuelle Resilienzfaktoren im Unternehmenskontext sind die körperlichen Gesundheitsressourcen. Diese gewährleisten, dass Arbeit angemessen verrichtet werden kann und Menschen auf Widrigkeiten physisch vorbereitet sind. Darüber hinaus sind kognitive Ressourcen wie Analysestärke, Selbstvertrauen, Lösungsorientierung und die Fähigkeit, zu reflektieren, wichtige Resilienzfaktoren im Arbeitsumfeld.
Auf organisationaler Ebene sind es Themengebiete wie die Etablierung von Steuerungsmaßnahmen, ein bewusster Umgang mit Risiken sowie ein gutes Verständnis für Stakeholder in der Organisation, die in einem Betrieb gezielt vorangetrieben werden sollten, um die Unternehmensresilienz zu fördern. Darüber hinaus können Funktionsabsicherung durch Ersatzsysteme und Ressourcen dafür sorgen, dass Unternehmen in schwierigen Phasen besser aufgestellt sind. Auch eine robuste Infrastruktur und die Verringerung von Komplexität im Unternehmen können für eine erhöhte Resilienz sorgen.
Stärkung der finanziellen Resilienz im Unternehmen
Auch die Finanzabteilung kann erheblich zur Resilienz in einem Unternehmen beitragen. Die Förderung von Resilienz in einer Organisation sollte sogar am besten hier starten. Denn nur solvente Unternehmen sind handlungsfähige Unternehmen. Allgemein geht es bei der Schaffung von Resilienz im Finanzbereich vor allem darum, Prozesse und Strukturen zu schaffen, die das Unternehmen in Krisensituationen flexibler machen.
Konkrete Ansätze können die folgenden sein:
In einer zunehmend von Disruption geprägten Geschäftswelt ist Resilienz unerlässlich, um Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Für die Schaffung entsprechender Strukturen müssen Unternehmen das Thema ganzheitlich betrachten und fördern. Hierfür müssen auf der Ebene der Individuen, der Teams und der Organisation Resilienzfaktoren vorangetrieben werden. Wichtig für die organisationale Resilienz ist zudem, dass im Finanzbereich Prozesse und Strukturen geschaffen werden, die die Anpassungsfähigkeit gegenüber Störfaktoren erhöhen. Gelingt es einem Unternehmen, die Resilienz zu erhöhen, ist es nicht nur widerstandsfähiger in Krisensituation, sondern agiert auch sonst wirtschaftlicher und ist zukunftsfähiger.