Talent Assessment

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Begriffsklärung

Talent Assessment ist ein Verfahren, das Personalverantwortliche nutzen können, um in einem Bewerbungsprozess die geeignetste Person für eine Rolle zu ermitteln. Ziel ist es, Auswahlentscheidungen nicht allein auf subjektive Eindrücke wie Bauchgefühl oder Sympathie zu stützen, sondern auf den Ergebnissen verschiedener Auswahlverfahren. Im Vordergrund der Verfahren steht eine objektive, gründliche und konstruktive Bewertung der Fähigkeiten und Kenntnisse von Bewerbenden. Doch die Einsatzmöglichkeit von Talent Assessment beschränkt sich nicht nur auf Rekrutierungsprozesse. Es kann ebenso als Instrument zur Weiterentwicklung bereits beschäftigter Mitarbeitender genutzt werden.

Vorteile von Talent Assessment

Der Einsatz von Talent Assessment Methoden bringt für Unternehmen verschiedene Vorteile mit sich:

Gewährleistung einer objektiven Beurteilung: Mit Talent Assessment wird die Eignung von Bewerbenden anhand standardisierter Kriterien bewertet. Dadurch wird der Einfluss subjektiver Meinungen und persönlicher Vorurteile minimiert, was tendenziell zu einer faireren Bewertung führt.

Schaffung einer Entscheidungsgrundlage: Wenn mehrere Kandidaten und Kandidatinnen auf den ersten Blick als geeignet für eine Position erscheinen, kann es schwierig sein, nur auf Basis von Lebensläufen oder Bewerbungsgesprächen eine Entscheidung zu treffen. Talent Assessments liefern Ergebnisse, die direkt miteinander vergleichbar sind. Dadurch wird deutlich, welcher Kandidat oder welche Kandidatin die besten Voraussetzungen mitbringt, was eine gut begründete Entscheidungsfindung ermöglicht.

Verringerung des Risikos von Fehlbesetzungen: Die Selbstdarstellung von Bewerbenden in Bewerbungsunterlagen oder in Gesprächen kann von ihren tatsächlichen Fähigkeiten abweichen. Stimmt die Arbeitsleistung nicht mit den Erwartungen überein, kann dies für Unternehmen erhebliche Folgekosten verursachen. Beispielsweise durch die Notwendigkeit, die Stelle erneut zu besetzen oder eine verlängerte Einarbeitungszeit durchzuführen. Durch Talent Assessment können Unternehmen sicherstellen, dass Bewerbende wirklich für die jeweiligen Positionen geeignet sind. Dadurch wird das Risiko von Fehlbesetzungen reduziert.

Optimierung von Talentpools: Viele Unternehmen verfügen über einen Talentpool mit potenziellen Kandidaten und Kandidatinnen für künftige Stellenbesetzungen. Bewerbende, für die zum Zeitpunkt ihrer Bewerbung keine geeignete Position im Unternehmen verfügbar ist, die aber grundsätzlich laut Talent Assessment qualifiziert sind, können in die Datenbank aufgenommen werden. Für sie werden Profile mit den Ergebnissen der Tests erstellt. Wird eine neue Stelle offen, können die passendsten Kandidaten und Kandidatinnen herausgefiltert und kontaktiert werden.

Vermittlung eines Eindrucks des Arbeitsalltags: Auch für Bewerbende bietet Talent Assessment einen Vorteil. Es ermöglicht ihnen, einen realistischen Eindruck der Anforderungen und Aufgaben einer Rolle zu gewinnen und anhand dessen einzuschätzen, ob diese ihren Fähigkeiten und Interessen entsprechen.

Optimierung der internen Personalentwicklung: Werden Talent Assessments für bestehende Mitarbeitende durchgeführt, kann damit ein Überblick über die Stärken und Entwicklungsfelder einer Belegschaft gewonnen werden. Auf Grundlage der Ergebnisse können gezielte Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt werden, um bestehende Potenziale voll auszuschöpfen und mögliche Lücken zu schließen. Das kann zur Steigerung der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens beitragen.

Fähigkeiten, die durch Talent Assessment geprüft werden können

Talent Assessments ermöglichen sowohl die Bewertung von Hard Skills als auch Soft Skills. Welche Fähigkeiten dabei im Fokus stehen, hängt von der gewählten Talent Assessment Methode ab.

Hard Skills sind die fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse, die für eine Tätigkeit erforderlich sind. Diese Kompetenzen sind erlernbar und messbar. Sie können beispielsweise durch Ausbildungen oder berufliche Erfahrungen erworben werden. Unter anderem lassen sich die folgenden Hard Skills durch Talent Assessment Methoden beurteilen:

Fachwissen: Fachwissen meint das spezifische Know-how, das in einem Berufsfeld erforderlich ist und je nach Branche und Tätigkeit stark variiert. Es bildet die Grundlage dafür, dass eine Person ihren Beruf effektiv ausüben kann. In technischen Berufen bezieht sich die fachliche Kompetenz beispielsweise auf ein tiefes Verständnis von Technologien. Ärzte und Ärztinnen hingegen müssen unter anderem über Kenntnisse in der Anatomie verfügen.

Toolkenntnisse: Viele Berufe erfordern den regelmäßigen Umgang mit bestimmten Systemen. Während der Umgang von einfachen Tools zum Teil während einer Einarbeitung erlernt werden kann, werden für komplexe Tools wie spezialisierte Buchhaltungssoftware oft Vorkenntnisse vorausgesetzt. Gerade in höheren Positionen ist das notwendig, um eine effiziente Einarbeitung zu gewährleisten.

Sprachkenntnisse: Der erforderliche Umfang an Sprachkenntnissen variiert ebenfalls je nach Berufsfeld. In internationalen Unternehmen wird in der Regel erwartet, dass Führungskräfte mehrere Sprachen fließend beherrschen, um eine reibungslose Kommunikation mit ausländischen Partnern und Partnerinnen sowie Kunden und Kundinnen gewährleisten zu können. In anderen Berufsfeldern reicht es hingegen aus, eine Sprache zu beherrschen.

Soft Skills sind im Gegensatz zu Hard Skills nicht direkt erlernbar und lassen sich schwerer überprüfen, da sie nicht messbar sind. Darunter fallen soziale, methodische und persönliche Fähigkeiten. Soft Skills, die im beruflichen Kontext besonders relevant sind, werden auch als Business Skills bezeichnet. Unter anderem können die folgenden Business Skills durch Talent Assessment beurteilt werden:

Kommunikationsfähigkeit: Darunter fällt nicht nur die Fähigkeit, Inhalte verständlich zu vermitteln, sondern auch das aktive Zuhören. Eine gute Kommunikationsfähigkeit gehört zu den relevantesten Soft Skills im Berufsleben, da sie die Grundlage für viele weitere Eigenschaften bildet. Ein effizienter Austausch erhöht die gesamte Arbeitseffizienz. Vor allem in Berufen mit Kundenkontakt, wie im Vertrieb, ist eine gute Kommunikationsfähigkeit unverzichtbar.

Belastbarkeit: In Berufsfeldern mit hoher Verantwortung, etwa im Gesundheitswesen oder im Management, ist es notwendig, unter Druck souverän handeln zu können. Nur wenn Mitarbeitende in diesen Bereichen auch in stressigen Situationen ihre Aufgaben sorgfältig erledigen, kann ein effizientes Handeln sichergestellt werden.

Flexibilität: Dynamische Berufsfelder, beispielsweise die IT, erfordern, dass Mitarbeitende sich schnell auf neue Rahmenbedingungen einstellen können. So können neue Prozesse oder Technologien genutzt und das Unternehmen stetig vorangetrieben werden.

Welche Talent Assessment Methoden gibt es?

Zur Durchführung von Talent Assessments in Bewerbungsverfahren stehen verschiedene Methoden zur Verfügung, die jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile haben.

Eine Möglichkeit sind Eignungstests, mit denen verschiedene Kompetenzen geprüft werden können. Zu den gängigen Formen gehören unter anderem Wissenstests, Logiktests und Persönlichkeitstests. Welche Testform im Bewerbungsverfahren eingesetzt werden sollte, ist abhängig davon, welche Kompetenzen oder Eigenschaften in dem jeweiligen Berufsfeld besonders relevant sind. Logiktests finden beispielsweise häufig im Finanzwesen Anwendung, da analytische Fähigkeiten notwendig sind, um komplexe Finanzdaten interpretieren zu können.

Einstellungstests zeichnen sich dadurch aus, dass sie standardisiert sind und für eine große Anzahl von Bewerbenden verwendet werden. Während der Durchführung haben Bewerbende in der Regel keinen Austausch mit anderen Teilnehmenden. Die Auswertung erfolgt anhand fester Bewertungskriterien. Ein Vorteil von Einstellungstests ist ihre Zeitersparnis: Je nach Umfang dauert die Teilnahme nur einige Minuten bis maximal wenige Stunden. Zudem können Einstellungstests häufig von Zuhause durchgeführt werden, was Kosten und Aufwand für Anreise und Organisation spart.

Allerdings ist der Aussagewert dieser Tests begrenzt. Oft wird nur eine geringe Anzahl an Fähigkeiten abgefragt, sodass sich kein umfassendes Bild der Bewerbenden ergibt. Dadurch bleibt ein Risiko für Fehlbesetzungen.

Assessment Center sind komplexer als reine Einstellungstests, da sie mehrere Auswahlverfahren kombinieren. Sie können sowohl Einzel- als auch Gruppenübungen umfassen. Einzeltests dienen vor allem zur Überprüfung von Hard Skills, bei Gruppenübungen können Soft Skills in erster Linie in Bezug auf soziale Kompetenzen analysiert werden.

Eine gängige Gruppenübung ist eine Gruppendiskussion, bei der Bewerbende gemeinsam eine branchenspezifische Fragestellung bearbeiten. Beim Lösen der Aufgabe lassen sich unter anderem Rückschlüsse auf die Teamfähigkeit und die Auffassungsgabe der einzelnen Teilnehmenden schließen.

Eine übliche Einzelaufgabe im Rahmen von Assessment Centern ist eine Case Study. Hierbei bekommen Bewerbende eine Aufgabe, die Bezug zu dem Arbeitsfeld hat. So lassen sich sowohl Fachwissen als auch die Auffassungsgabe eines Bewerbenden bewerten. Im Bereich Informatik werden zum Beispiel sogenannte "Coding Tests" durchgeführt, in denen Programmierer*innen praktische Programmieraufgaben lösen müssen.

Nach Abschluss aller Übungen enden Assessment Center meist mit Einzelinterviews. Hier können individuelle Rückfragen an die Bewerbenden gestellt werden.

Ein Vorteil von Assessment Centern ist die Vielfalt der Testformate, die ein umfassendes Bild der Eignung von Bewerbenden liefern. Hierfür ist jedoch ein hoher Aufwand für den/die Arbeitgeber*in erforderlich. Die Planung und Durchführung eines Assessment Centers erfordert erhebliche personelle und finanzielle Ressourcen. Ein weiterer Nachteil ist die Dauer des Verfahrens. Assessment Center können mehrere Stunden oder sogar Tage in Anspruch nehmen. Viele Bewerbende bewerben sich auf verschiedene Stellen und müssen daher genau abwägen, welchen Zeitaufwand sie investieren. Zudem kann die Prüfungssituation bei einigen Bewerbenden Stress verursachen. Unter Umständen können sie dadurch nicht die Ergebnisse erzielen, die sie im normalen Arbeitsalltag erreichen würden.

Eine alternative Form zu klassischen Assessment Centern sind Einzel Assessment Center. Sie fungieren als Eignungsprüfung bei hohen Positionen. Hierbei unterzieht sich ein*e Bewerber*in ebenfalls mehreren Prüfungen über mehrere Stunden oder Tage, jedoch ohne die Teilnahme anderer Bewerbender. In dem Prozess müssen nicht nur fachliche Kompetenzen unter Beweis gestellt werden, sondern vor allem Managementqualitäten wie Analysefähigkeit, Führungsstärke und Ergebnisorientierung. Wie auch klassische Assessment Center bringen Einzel Assessment Center einen hohen Kosten- und Zeitaufwand mit sich, ermöglichen dafür aber eine umfassende Bewertung. Das ist im Managementbereich besonders wichtig, da die Mitarbeitenden einen hohen Einfluss auf die gesamte Organisation haben.

Talent Assessments online durchführen

Mittlerweile werden Talent Assessments häufig online als sogenannte E-Assessments durchgeführt. Einer der größten Vorteile hiervon ist die Flexibilität. Online Tests können jederzeit und von überall aus absolviert werden, was die Hemmschwelle zur Teilnahme senkt. Auch für Unternehmen bietet die Flexibilität Vorteile. Durch Online Assessments sparen sie Kosten, beispielsweise für Räumlichkeiten oder zusätzliches Personal, die zur Durchführung von Tests vor Ort erforderlich wären. Zudem sorgt die Ortsunabhängigkeit dafür, dass auch Bewerbende aus weit entfernten Regionen unkompliziert teilnehmen können. Dadurch kann der Bewerberpool vergrößert werden.

Allerdings lässt sich bei E-Assessment die Authentizität der Ergebnisse schlechter sicherstellen. Um zu gewährleisten, dass Bewerbende die Tests selbst durchführen und keine unzulässigen Hilfsmittel nutzen, sind Sicherheitsmaßnahmen erforderlich. Technische Probleme, wie eine unzuverlässige Internetverbindung, können zudem zu einer Benachteiligung einzelner Bewerbender führen. Außerdem fehlen bei Online Assessments oft persönliche Interaktionen. Zwar lassen sich Übungen zur Bewertung von Soft Skills wie Gruppendiskussionen auch digital durchführen, jedoch ist eine Einschätzung schwieriger, wenn beispielsweise die Körpersprache nicht sichtbar ist.

Ob die Nutzung von E-Assessments zur Beurteilung von Bewerbenden sinnvoll ist, muss daher individuell abgewägt werden. Das hängt sowohl von den spezifischen Anforderungen einer Stelle als auch von den Möglichkeiten beziehungsweise Ressourcen, die Unternehmen zur Umsetzung von Talent Assessments bereitstellen können oder wollen, ab.

Der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) im Talent Assessment

Künstliche Intelligenz (KI) wird im Talent Assessment, wie auch in vielen anderen Bereichen des Recruitings, immer häufiger eingesetzt. Die Einsatzmöglichkeiten sind dabei vielfältig. Besonders häufig wird KI zur Auswertung von Tests angewendet. Mit KI können Fragebögen evaluiert, aber beispielsweise auch Sprachfähigkeiten bei Videointerviews analysiert werden. Darüber hinaus kann KI zum Teil auch bei der Durchführung der Talent Assessments unterstützen, beispielsweise bei Situational Judgement Tests. Hierbei werden Bewerbende vor arbeitsbezogene Situationen gestellt und müssen angeben, wie sie in diesen Szenarien handeln würden. Dadurch können ihre sozialen Kompetenzen und Problemlösungsfähigkeiten gemessen werden. KI-basierte Chatbots können Kandidaten und Kandidatinnen interaktive Fragen zu den Situationen stellen, auf deren Antworten reagieren und diese abschließend analysieren und auswerten.

Implementierung von Talent Assessments im Bewerbungsverfahren

Eine erfolgreiche Integration von Talent Assessments in den Rekrutierungsprozess erfordert eine gründliche Planung. Folgende Schritte sind notwendig:

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